Wichtige wasserrechtliche Verfahren
Neben dem wasserrechtlichen Bewilligungs-, Überprüfungs- und Erlöschensverfahren sieht das Wasserrechtsgesetz weitere wichtige Verfahren vor. Insbesondere gewässerpolizeiliche Verfahren, die Abänderung von Bewilligungen, Schutz- und Schongebiete sowie Zwangsrechte spielen in der Praxis eine Rolle.
Gewässerpolizeiliche Verfahren
Das Wasserrechtsgesetz sieht verschiedene Möglichkeiten vor, wie die Behörde festgestellte Missstände, die entweder andere Personen oder das öffentliche Interesse beeinträchtigen, bescheidmäßig oder auf andere Weise (z.B. Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt) abstellen kann (gewässerpolizeiliche Verfahren).
Ausgangspunkt für die Einleitung des in der Praxis am häufigsten vorkommenden Verfahrens, des gewässerpolizeilichen Verfahrens gemäß § 138 Wasserrechtsgesetz (WRG), ist eine Handlung oder Unterlassung, die nach dem WRG nicht zulässig ist oder zumindest einer wasserrechtlichen Bewilligung bedarf, oder ein Missstand. Die Behörde ist bei Kenntnis eines solchen Sachverhalts verpflichtet, ein Verfahren einzuleiten. Betroffene besitzen ein Antragsrecht.
Die Behörde hat die notwendigen Verfahrensschritte zu setzen, die zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlich sind und ist dabei weder an fixe Verfahrensschritte noch grundsätzlich an eine bestimmte Frist zum Abschluss des Verfahrens gebunden.
Anlassfall für die Einleitung eines Verfahrens kann zum Beispiel sein:
- ein Bericht der Gewässeraufsicht
- Stellungnahme oder Bericht eines Amtssachverständigen
- Wahrnehmungen in einer Verhandlung
- Bericht einer anderen Behörde
- Anzeige eines Beteiligten
- Antrag eines Betroffenen gem. § 138 WRG
Das Verfahren kann je nach Komplexität des geforderten Nachweises unterschiedlich geführt werden, sodass eine Einteilung in ein fixes Schema schwer möglich und auch durch das Gesetz nicht vorgegeben ist.
Das Verfahren endet in den meisten Fällen durch Erlassung eines Bescheids, in dem aufgetragen wird das rechtswidrige Verhalten einzustellen.
Es kann aber auch bereits vorher festgestellt werden, dass kein rechtswidriger Zustand vorliegt, sei es, dass das rechtswidrige Verhalten freiwillig eingestellt wird oder ein solches nach den Erhebungen nicht nachgewiesen werden kann. Auch eine Einstellung aus anderen Gründen (z.B. niemand, der verpflichtet werden kann) ist denkbar.
Abänderung von Bewilligungen zur Wahrung des öffentlichen Interesses
Ergibt sich nach Erteilung einer Bewilligung, dass öffentliche Interessen trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid oder in sonstigen Bestimmungen enthaltenen Auflagen und Vorschriften nicht hinreichend geschützt sind, hat die Wasserrechtsbehörde ein Verfahren zur Abänderung der Bewilligung durchzuführen (§ 21a Wasserrechtsgesetz).
Die Behörde hat dabei folgende Möglichkeiten:
Sie kann
- andere oder zusätzliche Auflagen vorschreiben
- Anpassungsziele mit Vorlage entsprechender Projektunterlagen festlegen
- Art und Ausmaß der Wasserbenutzung vorübergehend einschränken
- Art und Ausmaß der Wasserbenutzung dauernd einschränken
Oberster Grundsatz bei diesem Verfahren ist, dass der Eingriff in ein bestehendes Recht nur dann erfolgen darf, wenn dies unbedingt notwendig ist und immer nur das für den Rechtsinhaber gelindeste Mittel verwendet werden darf (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz).
Abänderung von Auflagen auf Antrag
Die nach diesem Bundesgesetz vorgeschriebenen Auflagen sind auf Antrag mit Bescheid aufzuheben oder abzuändern, wenn und soweit die Voraussetzungen für ihre Vorschreibung nicht mehr vorliegen.
Schutzgebiete und Schongebiete
Ein Schutzgebiet hat den Zweck, eine Wasserversorgungsanlage gegen Verunreinigungen oder gegen eine Beeinträchtigung ihrer Ergiebigkeit zu schützen.
Das Schutzgebiet wird mit Bescheid der zur Bewilligung der Wasserversorgungsanlage zuständigen Behörde verhängt.
Der Bescheid enthält besondere Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung von Grundstücken und Gewässern. Es kann auch die Errichtung bestimmter Anlagen untersagt werden.
Besondere Aufmerksamkeit ist dabei auf die Errichtung und den Betrieb von Photovoltaikanlagen in Schutzgebieten zu legen.
Dafür gibt es einen speziellen Leitfaden, der laufend einer Aktualisierung unterworfen ist. Die derzeit gültige Version dieses Leitfadens stammt vom 12. April 2024.
In den WEITERFÜHRENDEN INFORMATIONEN können Sie eine pdf-Version dieses Leitfadens herunterladen. (Hinweis: Diese Fassung des Leitfadens ist deshalb im „Entwurfsmodus“ dargestellt, da aufgrund der laufenden Diskussionsprozesse weitere Adaptierungen folgen werden.)
Schutzgebietsanordnungen können von der Behörde, wenn dies erforderlich ist, auch abgeändert werden.
Der Landeshauptmann kann Schongebiete festlegen. Wesentlicher Unterschied ist die rechtliche Qualität der Anordnung (Schutzgebiet: Bescheid, Schongebiet: Verordnung) und der damit angesprochene Kreis der Verpflichteten (Schutzgebiet: Bescheidadressaten, Schongebiet: Jeder)
Das Schutzgebietsverfahren ist von Amts wegen durchzuführen. Allerdings ist im Zuge eines wasserrechtlichen Bewilligungsantrages für Wasserversorgungsanlagen die Vorlage von Unterlagen für ein Schutzgebiet vorgesehenen. In diesem Fall wird das Schutzgebietsverfahren parallel mit dem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren durchgeführt.
Mit der Schutzgebietsfestlegung ist ein beträchtlicher Erkundungsaufwand verbunden, da es einer Erforschung der geohydrologischen Verhältnisse bedarf. Das wasserwirtschaftliche Planungsorgan hat die Aufgabe, die Grundlagen für die Festlegung von Schutz- und Schongebieten zu schaffen.
Für die Festlegung von Schutzgebieten, insbesondere der dort geltenden Beschränkungen gibt es Richtlinien (insbesondere die ÖWGV-Richtlinie W 72). In der Praxis werden eine Reihe von Amtssachverständigen beigezogen, um eine den konkreten Verhältnissen entsprechende (und den Beteiligten zumutbare) Lösung zu finden. Schutzanordnungen stellen oft massive Nutzungseinschränkungen für die betroffenen Grundeigentümer dar.
Das Wasserrechtsgesetz sieht daher eine Entschädigung vor allem des Grundeigentümers durch den Betreiber der Wasserversorgungsanlage für Nutzungsbeschränkungen vor. Falls keine Einigung der Beteiligten zu Stande kommt, hat die Wasserrechtsbehörde die Entschädigung zu bemessen; die Parteien können danach das Gericht anrufen (§ 117 WRG).
Zwangsrechte
Das Wasserrechtsgesetz enthält in den §§ 60 bis 72 einen ganzen Abschnitt, der sich ausschließlich mit Zwangsrechten beschäftigt.
Zwangsrechte sind Eingriffe in das Eigentum einer Person, die sich durch ein übergeordnetes öffentliches Interesse rechtfertigen. Dementsprechend sind sie nur bei Vorliegen der (strengen) gesetzlichen Voraussetzungen zulässig.
Zwangsrechte spielen vor allem im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren eine Rolle. Grundsätzlich bedarf jede Beeinträchtigung von fremdem Eigentum (z.B. Kanal einer Gemeinde, der über Privatgrund führt) der Zustimmung des Betroffenen. Ein Zwangsrecht kann diese Zustimmung ersetzen.
Zwangsrechte im Sinne des WRG sind:
- die Öffentlicherklärung von Privatgewässern
- die Verpflichtung zur Duldung von Vorarbeiten
- die Enteignung
- bestimmte Benutzungsbefugnisse
Alle Zwangsmaßnahmen sind nur gegen angemessene Entschädigung und nur dann zulässig, wenn eine gütliche Übereinkunft zwischen den Beteiligten nicht erzielt werden kann. Zwangsmaßnahmen müssen das letzte mögliche und gelindeste Mittel sein, um ein gegenüber den privaten Interessen des Betroffenen als deutlich höherwertig einzustufendes öffentliches Interesse zu verwirklichen.
Zwangsrechte werden in der Regel durch Bescheid der Wasserrechtsbehörde begründet. Der jeweiligen Eigentümer der belasteten Liegenschaft muss das Zwangsrecht gegen sich gelten lassen.
Gegen Entscheidungen der Wasserrechtsbehörde, die die Entschädigung betreffen, kann das Landesgericht angerufen werden. Gegen die Festlegung des Zwangsrechts selbst kann Berufung erhoben werden.
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