Highlights des Jahres 2011
Auf dieser Seite finden Sie die Highlights aus dem Jahr 2011.
Ab der Erfindung des Buchdruckes um 1450 waren Kalender neben Bibeln die gängigsten Produkte der „Schwarzen Kunst". Im 16. Jahrhundert entstand der „Schreibkalender" mit Platz für Eintragungen auf den Seiten zwischen den Monatsübersichten. Berühmt ist vor allem der „Krakauer Kalender", der 1642 bis 1978 in 336 Jahrgängen erschien. Noch älter ist unser „Schreyb-Calender auff das Jar nachder Geburt Christi unsers Seligmachers 1596" von Maximilian Tripet, der auch durch die Stadtansichten auf dem Titelblatt besticht: neben Wien finden sich unter anderem Krems, Klosterneuburg, Wiener Neustadt, Baden, Bruck an der Leitha, Tulln und Hainburg.
Die Welt wurde also 3962 Jahre v. Chr. erschaffen, die Sintflut fand 1656 Jahre AM (anno mundi, nach Erschaffung der Welt) oder 2306 Jahre v. Chr. statt (nach dem anglikanischen irischen Theologen James Ussher wurde die Welt hingegen am 23. Oktober 4004 v. Chr. erschaffen, die Sintflut fand ihm zufolge 2501 v. Chr. statt). Wie dem auch sei, jetzt schreiben wir das Jahr 2011 n. Chr., auch wenn Christus bereits vor dem Tode Herodes des Großen 4 v. Chr. geboren sein soll - Hauptsache, das Neue Jahr bringt Glück. Das wünschen Ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der NÖ Landesbibliothek.
Ein niederösterreichisches Traditionsunternehmen sind die Riesswerke (heute RIESS KELOmat GmbH) in Ybbsitz, in der „Eisenwurzen" und an der „Eisenstraße" gelegen. Von mehreren Verkaufskatalogen dieses Unternehmens im Besitze der NÖ Landesbibliothek ist der schönste ein im Jahr 1929 oder kurz danach erschienener zum Thema „Elektro-Email" (Sign. 129.169 C), in dem auf Werksbesuche der Bundespräsidenten Dr. Michael Hainisch im Jahre 1926 und Wilhelm Miklas im Jahre 1929 hingewiesen wird. Vielleicht gerade wegen dieses öffentlichen Interesses hat man diese Broschüre herausgegeben, die im Unterschied zu früheren und späteren Katalogen eine reich illustrierte Vorstellung des Unternehmens enthält. Als Kuriosum sei auch eine „Preisliste" mit „neuen Bruttopreisen laut Bescheid des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau vom 16. Mai 1949" erwähnt: dieser Katalog gleicht dem von 1941, lediglich die neuen Schilling-Preise sind handschriftlich anstelle der abgedruckten Reichsmark-Preise eingetragen. Aktuelles zum Thema: Im September 2010 wurde das „Schmieden in Ybbsitz" als traditionelles Handwerk in das „UNESCO-Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Österreich" aufgenommen, unter anderem mit der Fa. Riess KELOmat GmbH (Emailmanufaktur) als eingebundenem Partner.
Eindrücke vom Innenleben der Riesswerke vermitteln unter anderen die hier gezeigten Abbildungen des „Emaillierwerkes" sowie des „Magazins".
Vielleicht haben Sie das Unternehmen bisher nicht gekannt, die Werke weder von außen noch von innen gesehen: wenn Sie einen Blick auf die Produkte des Unternehmens werfen, ganz besonders das „Eierspeisreindl", dann tritt ganz sicher jener Wiedererkennungseffekt ein, den man vergangenes Jahr auf der Schallaburg bei der Ausstellung „Die 60er. Beatles, Pille und Revolte" im Museumsshop verspürt hat: dort wurde nämlich Riess-Email-Geschirr zum Kauf angeboten, eben auch das berühmte „Eierspeisreindl" ...
Verträumt zeigt sich Hainburg auf diesem Aquarell. Den von dieser Stadt im Hochmittelalter bekleideten Rang lässt das Bild kaum erahnen; höchstens die Befestigung kündet von einstigem Glanz. Wie gefangen im Korsett ihrer Ummauerung, gruppieren sich die einzelnen Häuser um die frühbarocke Kirche. Da der betrachtende Blick ungefähr nach Norden gerichtet ist, bleiben alte Burg und später umgebautes Schloss ausgeblendet. Dafür wird das Quadrum des ehemaligen Minoritenklosters ganz links im Bild sichtbar. Fast versteckt hinter dem mächtigen Wiener Tor, präsentiert es sich wie fast wie ein Adelssitz, fungierte indes zu Janschas Zeit längst als Hauptgebäude der Tabakfabrik. Ein weiterer „Ausgleich" für den Verzicht auf beherrschende Monumentalbauten besteht in der hier gebotenen Aussicht: Der Blick kann bis weit nach Norden schweifen, erfasst schemenhaft Schloss Niederweiden und kommt erst am Braunsberg zur Ruhe, welcher den rechten Bildrand markiert.
So gesehen, schuf der Künstler eigentlich ein Landschaftsbild. Architektur wird wiedergeben, spielt aber nicht die Hauptrolle; Janschas Interesse galt vielmehr dem Ineinander von Gebautem und Gewachsenem. Dem entspricht auch die sorgsame Abstufung des Bildfelds in Vorder-, Mittel- und Hintergrund - auf den ersten Blick gewiss konservativ, in der Rückschau jedoch Zeugnis für neu erwachtes Interesse an Landschaftsmalerei. Ihr hatte namentlich Johann Christian Brand (1722-95) an der Wiener Akademie neue Impulse verliehen, und so ist es kein Zufall, dass aus dieser Schule auch Lorenz Janscha hervorging. Diese 1749 in Wien geborene und 1812 ebendort verstorbene Persönlichkeit symbolisiert gleichsam die Wiener Vedute ihrer Zeit. Es waren vielfach Janschas Aquarelle, die als Vorlagen für zahlreiche druckgraphische Ansichtenfolgen dienten, so etwa für den prominenten Wiener Artaria-Verlag. In den Verlagen wurden solche Aquarelle in später handkolorierte Umrissradierungen umgewandelt, welche sich interessierte Käufer gern zu individuell strukturierten Zyklen zusammenstellen ließen. Unser Aquarell blieb hingegen Unikat. Zusammen mit einer zeit- und formatgleichen Aufnahme von Burg und Schloss liegt ein kleiner, kostbarer Minizyklus zum Thema Hainburg im Jahre 1809 vor, mit welchem sich Janscha zu Recht als Professor für Landschaftszeichnung ausweist.
Kein Aprilscherz - diesen Verein hat es wirklich gegeben. In der NÖ Landesbibliothek findet sich die 9 Seiten starke Broschüre Statuten des „Salutiervereines" in Wien aus dem Jahre 1908 (Sign. 70.357 B). Fans der Fernsehserie „Monk" kennen sie, die Gefährlichkeit von Keimen. Aber auch unser Salutierverein war bereits über die Gesundheitsgefährdung durch herkömmliche Grußformen besorgt. Und so liest sich denn der Zweck dieses Vereines wie folgt:
§ 2. Zweck des Vereines.
Zweck des Vereines ist:
- Die lästige und zugleich gesundheitswidrige Gewohnheit des Abnehmens der Kopfbedeckung zum Grüßen außer Übung zu bringen und dafür das beim Militär und den Staatsbeamten
gebräuchliche Salutieren auch beim Zivil einzuführen. - Die dem Vereine zufließenden und dessen Ausgaben überschreitenden Einnahmen wohltätigen oder
humanitären Zwecken in Wien zuzuwenden.
Natürlich war es von Vorteil, dem Verein als Gründer, Ehrenmitglied oder ordentliches Mitglied anzugehören;
die Freunde des Vereines hatten hingegen bloß diese Rechte: das Recht zum Tragen des Vereinsabzeichens
und damit das Recht zur Anwendung der Grußreform des Salutierens. (§ 5 lit. c)
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Eugippius: Vita Sancti Severini (Das Leben des heiligen Severin)
Diesen Monat wird kein bestimmtes Buch, sondern ein Werk vorgestellt, das in verschiedenen lateinischen, deutschen oder auch zweisprachigen Ausgaben in der Landesbibliothek vorhanden ist und zu dem auch Sekundärliteratur vorliegt. Die Römerzeit bildet ja auch das Thema der heurigen Landesausstellung: „Erobern - Entdecken - Erleben im Römerland Carnuntum".
Auch die Wahl dieser Heiligenvita zum Objekt des Monats soll auch hervorgehoben werden, dass das Zentrum des Wirkens des heiligen Severin (wie auch des heiligen Florian) im heutigen Niederösterreich lag. Die Vita Severini stellt somit das bedeutendste Dokument antiker lateinischer Literatur zum niederösterreichischen Raum dar. Hingewiesen sei auch auf das sonstige umfangreiche Angebot an lateinischer und griechischer Literatur in der Landesbibliothek, unter anderem die beliebten zweisprachigen Ausgaben der „Sammlung Tusculum".
Severin von Noricum wurde um 410 geboren und ist am 8. Jänner 482 in Favianis, vermutlich dem heutigen
Mautern bei Krems, gestorben. Der Leichnam wurde 488 nach Italien (Lucullanum bei Neapel) überführt; seit
1807 liegen die Gebeine in der Pfarrkirche von Frattamaggiore in Kampanien. Sein Biograph Eugippius wurde
um 465 geboren und ist nach 533 in Lucullanum bei Neapel gestorben. Die von ihm verfasste Vita Severini
wurde in Lucullanum bei Neapel 511 vollendet. Sie bildet ein wichtiges Zeugnis des Alltags der ausgehenden
christlichen Spätantike in Österreich und vermittelt einen Eindruck vom damaligen Zusammenleben von Römern
und Germanen an der Reichsgrenze Donau.
Vita S. Severini / auctore Eugippio. Critice ed. Antonius Kerschbaumer. – Schaffhausen, 1862
Anton Köpp von Felsenthal: Burgruine Dobra (1814/24)
Anton Köpp von Felsenthal wurde 1766 als Sohn eines Malers in Wien geboren. Als Mitglied der Wiener Kunstakademie und Zeichenlehrer erarbeitete er 1814/24 die gemeinsam mit seinem Bruder Christian publizierte Ansichtenfolge „Historisch mahlerische Darstellungen von Oesterreich". Er starb
1826 in seiner Geburtsstadt.
Seine Ansicht der Burg Dobra stellt in mancher Hinsicht ein Zeitdokument dar. Dies gilt allerdings weniger für den hier verewigten Bauzustand der Burg, sondern für die Art und Weise, wie diese als Teil der Landschaft betrachtet wird. Nun hat sich seither auch diese durch die Schaffung der Kamptal Stauseen in den 1950er-Jahren radikal verändert, wodurch der einstige Burgberg einiges an Höhe und Wirkung verlor.
Wie aber gestaltet Köpp sein Motiv im Einzelnen? Zunächst rückt er es aus der Bildmitte - das allein erscheint ungewöhnlich gegenüber älteren Burgenansichten, die aus repräsentativen Gründen auf eine streng symmetrische Bildstrukturierung selten verzichteten. Spätestens beim Anblick des Vordergrunds herrscht keine Unklarheit mehr über Köpps Intention: Eine der Rückenfiguren deutet nach rechts hinten, wo anscheinend eine der vielen Flussmühlen zu sehen ist, also ein nicht gerade prominentes Gebäude. Beide Kunstgriffe machen deutlich: Nicht der mittelalterliche Adelssitz bestimmt das Bild, sondern der Landschaftsausschnitt als solcher, dessen ein Teil die Burgruine bildet.
Unterstrichen wird diese Sicht durch den Buchtext. Dieser erzählt zwar die Schicksale der Burg, betont jedoch zum Schluss: „Die ganze Gegend trägt den Charakter romantischer Wildheit." Genau diese „romantische Wildheit" einzufangen, waren die Brüder Köpp bemüht, und in Wort wie Bild ist ihnen dieses Vorhaben auf wohltuende Weise geglückt.
Hatschi-Bratschi's Luftballon : eine Dichtung für Kinder / von Franz Karl Ginzkey. Bilder von M.v.Sunnegg
Ein Kinderbuchklassiker - Hatschi Bratschis Luftballon. Erst kürzlich ist es der NÖ Landesbibliothek gelungen, die Erstausgabe von 1904 (Berlin, Seemann-Verlag) antiquarisch zu erwerben, die eine echte Rarität darstellt: Ein Blick in den „Karlsruher Virtuellen Katalog" zeigt nämlich, dass diese Ausgabe nur in einer einzigen Bibliothek im deutschen Sprachraum nachweisbar ist, nämlich in der „Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz", allerdings mit der Anmerkung „Verlust". Gerade bei diesem Buch ist aber die jeweilige Ausgabe von entscheidender Bedeutung, weil sich die einzelnen Ausgaben nicht nur im Text, der dem Zeitgeist entsprechend sukzessive verändert wurde, sondern auch in den Illustrationen deutlich unterscheiden. Nur die Erstausgabe zeigt die Illustrationen von Ritter Mor von Sunnegg. Weitere Meilensteine in der Illustrationsgeschichte dieses Buches waren die Ausgabe von 1922 (Wien, Rikola-Verlag) mit Bildern von Erwin Tintner (1885-1957), die Ausgabe von 1933 (Salzburg, Pustet-Verlag) mit Bildern von Ernst von Dombrowski (1896-1985), die Ausgaben ab 1947 (Wien, Wiener Verlag bzw. Wien, Forum-Verlag) mit Buchschmuck von Grete (Margaretha) Hartmann (1916-1984), die Ausgaben ab 1960 (Wien, Forum-Verlag) mit Zeichnungen und Farbbildern von Wilfried Zeller-Zellenberg (1910-1989) und schließlich die Ausgabe 1968 (Wien, Forum-Verlag) gezeichnet von Rolf Rettich (1929-2009); diese letzte Ausgabe liegt auch der mit Noten versehenen und zusammen mit einer Aufnahme des gleichnamigen Kindermusicals von Freddy Gigele und Elfriede Potyka auf CD vertriebenen Version von 2006 des Trans-World-Musikverlages in Langenzersdorf zugrunde.
Franz Karl Ginzkey, geboren 1871 in Pula (Kroatien), gestorben 1963 in Wien, war zunächst Offizier und später als Kartograph am Militärgeographischen Institut in Wien tätig, daneben und in der Folge auch als Schriftsteller. Für Niederösterreich ist er als Textdichter des Liedes „O Heimat, dich zu lieben" bedeutsam, das 1965 zur niederösterreichischen Landeshymne erklärt wurde. Die Melodie dieser Hymne stammt von Ludwig van Beethoven (Bundeslied für Chor und sechs Blasinstrumente, im geselligen Kreis zu singen, Opus 122, 1823/24) und stellte ursprünglich eine Neuvertonung des Gedichtes von Johann Wolfgang von Goethe „In allen guten Stunden" (1775) dar, welches zuvor schon 1799 von Karl Friedrich Zelter (1758-1832) vertont worden war.
Neben zahlreichen anderen Werken verfasste Ginzkey auch Kinderbücher wie „Florians wundersame Reise über die Tapete"; das bekannteste ist und bleibt aber „Hatschi Bratschis Lufballon".
Unser Exemplar enthält auf dem Vorsatz handschriftlich das vermutliche Kaufdatum 21.12.1909 (siehe oben)
und am Schluss den Eignervermerk Franz Koci, Wien XVI, Weihnachten 1909, war also wohl ein
Weihnachtsgeschenk im Jahre 1909. Ebenfalls handschriftlich enthalten ist „Mutters Hausordnung" vom
29.12.1919.
- Österreichische Kinder- und Jugendliteratur zwischen 1900 und 1960: Hatschi Bratschis Luftballon
- FAZ 5.8.2004: Hans Magnus Enzensberger: Mein Lieblingsbuch: "Hatschi Bratschi" (kostenpflichtig)
- Hermann Härtel: Hatschi Bratschis Luftballon (10 Farbradierungen 1986; nicht mehr verfügbar)
Hans [Johann Nepomuk Graf] Wilczek (1837-1922), Polarforscher und Kunstmäzen, initiierte und finanzierte die Österreichisch-Ungarische Nordpolexpedition (1872-1874) auf dem Schoner „Admiral Tegetthoff" unter der Leitung von Carl [Karl] Weyprecht (1838-1881) und Julius [von] Payer (1841-1915). Seit 1875 war Wilczek Präsident der Österreichischen Geographischen Gesellschaft. Zu seinen karitativen Leistungen als Präsident des „Rudolfinervereins" zählt die Gründung des nach Kronprinz Rudolf benannten „Rudolfinerhauses", eines Wiener Privatkrankenhauses, unter der Leitung von Theodor Billroth (1829-1894) im Jahre 1882, ebenso die Gründung der „Wiener Freiwilligen Rettungsgesellschaft" 1881; bedeutend ist er auch als Förderer des „Heeresgeschichtlichen Museums" in Wien. Zwischen 1874 und 1906 ließ er die „Burg Kreuzenstein" bei Leobendorf (Niederösterreich) errichten, wo er auch begraben liegt. Wilczeks Ururenkel ist übrigens der regierende Fürst von Liechtenstein Hans Adam II.
Im Frühjahr 1874 musste das von Packeis eingeschlossene Schiff, die „Admiral Tegetthoff" aufgegeben und zurückgelassen werden; zu Fuß brach man zum mehrmonatigen Rückmarsch nach Nowaja Semlja auf.
Im Zuge der Expedition wurde das „Franz-Josef-Land" (nach Kaiser Franz Joseph) entdeckt, eine Inselgruppe, zwischen der Barentssee im Süden und dem Nördlichen Eismeer im Norden und nördlich von Nowaja Semlja gelegen, deren nördlichster Punkt mit 81° 51' zugleich den nördlichsten Punkt Eurasiens bildet und nur rund 900 km vom Nordpol entfernt ist. Politisch gehört der 16.000 Quadratkilometer große Archipel von rund 190 Inseln heute zu Russland. An die (nieder-)österreichische Vergangenheit erinnern Namen wie Rudolf-Insel (die nördlichste Insel), Wilczek-Land (die zweitgrößte Insel, im Südosten), Wilczek-Insel (die zweitsüdlichste und zugleich die zuerst betretene Insel) und Wiener-Neustadt-Insel (die Insel mit der höchsten Erhebung des Franz-Josef-Landes auf 620 m Seehöhe).
Das Land Niederösterreich hat neben dem bereits im Mai 2010 vorgestellten Teilnachlass von Karl Farkas auch einen Teilnachlass von Carl Merz vom Thomas-Sessler-Verlag erworben, der in der NÖ Landesbibliothek aufbewahrt wird und dessen Aufarbeitung nunmehr abgeschlossen ist. Das Ergebnis - die Ordnung des Nachlasses in über 500 Mappen nebst Beschreibung deren Inhalts - können Sie im Katalog der Landesbibliothek einsehen.
Der Nachlass enthält teils umfangreiche Materialien zu bekannten Werken von Carl Merz wie Blattl vor'm Mund, Brettl vor'm Kopf, Hackl vor'm Kreuz, Der liebe Augustin, Blitzlichter, Fahrt ins Rote, Jenseits von Gut und Krankenkasse, Der Herr Karl, Travnicek-Dialoge, Unternehmen Kornmandl.
Eine eigene Nennung finden die sogenannten „Krizzelhefte" im „Handbuch der Nachlässe und Sammlungen
österreichischer Autoren" von Murray G. Hall und Gerhard Renner: Merz, Carl: Wien, Thomas Sessler Verlag:
Nachlaß: „Manuskripte, darunter sogenannte "Kritzelhefte" mit tagebuchartigen Aufzeichnungen, Ideenskizzen,
Sketches und Texten, die Merz im Alter von neun Jahren begonnen und bis zu seinem Tod fortgesetzt hat".
Bemerkenswert sind auch zwölf Politikerkarikaturen (Raab, Schärf, Figl, Hurdes, Kamitz Bock, Graf, Hellmer
[Helmer], Waldbrunner, Kreisky, Maleta, Pittermann) im Nachlass, alle signiert „zew57", das ist: Mirko
[eigentlich Wolodymyr] Szewczuk, geb. am 20. September 1919 in Wien, gest. am 31. Mai 1957 in Hamburg.
Carl Merz, eigentlich Carl Czell, Schriftsteller, Schauspieler und Kabarettist, wurde am 30. Jänner 1906 in
Kronstadt (Siebenbürgen) geboren. Während des Ersten Weltkrieges Schüler am Hietzinger Gymnasium,
studierte er 1924 bis 1928 an der Hochschule für Welthandel in Wien. Bereits in den Dreißigerjahren als
Schauspieler tätig, wurde er nach 1945 in Zusammenarbeit mit Helmut Qualtinger und Gerhard Bronner zu
einem der Hauptakteure des österreichischen Kabaretts. Am 31. Oktober 1979 nahm er sich nach zwei
Schlaganfällen das Leben. Seine letzte Ruhestätte, ein ehrenhalber gewidmetes Grab, befindet sich auf dem
Wiener Zentralfriedhof.
Otto Volkra Graf Heidenreichstein, für Kaiser Leopold und Erzherzog Joseph, anlässlich der Befreiung von Buda 1686 (Stich: Justus van den Nypoort)
Dieser Stich des holländischen Künstlers Justus van den Nypoort (1625-1692) wurde von Otto Ferdinand Theophil (Gottlieb) von Volkra, Graf in Heidenreichstein, Freiherr in Steinabrunn, Ritter des Heiligen Grabes, Kaiserlicher Kämmerer und Hofkammerrat und seit 1670 Reichsgraf, Kaiser Leopold und seinem Sohn Erzherzog Joseph anlässlich der Rückeroberung von Buda im Jahre 1686 gewidmet. Die Herrschaft Heidenreichstein war seit 1650 Grafschaft; wegen hoher Schulden sah sich Graf Otto von Volkra aber bereits 1684 gezwungen, die Herrschaft an Gräfin Margaretha Magdalena Theresia von Opitz (Marchese degli Obbizzi), geborene Gräfin Pálffy ab Erdöd, zu verkaufen.
Die Landesbibliothek hat vor kurzem das bekannte vierbändige Werk von Ida Pfeiffer über ihre zweite Weltreise aus dem Jahre 1856 antiquarisch erworben. Ida Pfeiffer, geb. Reyer, am 14. Oktober 1797 in Wien geboren und am 27. Oktober 1858 in Wien verstorben, ist die wohl bekannteste österreichische Weltreisende und Reiseschriftstellerin des 19. Jahrhunderts. Ihre Reisetätigkeit begann 1842 mit einer Reise nach Palästina und Ägypten (Reise einer Wienerin in das Heilige Land, erschienen 1843); 1845 folgte eine Reise nach Island, Norwegen und Schweden (Reise nach dem skandinavischen Norden, erschienen 1846, zwei Bände). 1846-1848 kam die erste Reise um den Globus zustande (Eine Frauenfahrt um die Welt, erschienen 1850, drei Bände), 1851-1855 dann die gegenständliche zweite Weltreise (Meine zweite Weltreise, erschienen 1856, vier Bände). Die nächste Reise sollte nach Australien führen, musste aber nach einem Zwischenaufenthalt in Mauritius und Madagaskar krankheitshalber abgebrochen werden; am 27. Oktober 1858 erlag Ida Pfeiffer in Wien den Spätfolgen einer Malariainfektion. Die "Reise nach Madagaskar" in zwei Bänden wurde erst posthum veröffentlicht. Gegenwärtig erlebt Ida Pfeiffer eine Renaissance, wie mehrere seit 1990 erschienene Bücher zu Ida Pfeiffer beweisen, die in der Landesbibliothek vorhanden sind. Um so mehr freut es, nunmehr einen originalen Reisebericht anbieten zu können.
Pfeiffer, Ida: Meine zweite Weltreise / von Ida Pfeiffer. - Wien : Gerold, 1856.
- Erster Theil: London. Das Cap der guten Hoffnung. Singapore. Borneo. Java.
- Zweiter Theil: Sumatra. Java. Celebes. Die Molukken.
- Dritter Theil: Kalifornien. Peru. Ecuador.
- Vierter Theil: Vereinigte Staaten von Nordamerika.
Sign.: 137.193 B
Diese Lithographie entführt die Betrachter ins Höllental, das bekannte Engtal der Schwarza zwischen Schneeberg und Rax. Sie führt das betrachtende Auge über eine kulissenartig zur Seite weichende, mit Bäumen und Felspartien versehene Vordergrundzone in die Bildtiefe. Diese erweist sich nicht als unbegrenzt, sondern reicht bis zu einer gleichsam als Hintergrundfolie dienenden Felswand - dem eigentlichen Gegenstand der Komposition. Sie soll durch Ausmaße und Schroffheit gleichermaßen beeindrucken, wird folglich beherrschend ins Bildganze integriert und hebt sich auch rein farblich von den braun-grün-blau kolorierten übrigen Bildzonen ab.
Uns mag das cañonartige Auftrumpfen jener Felswand übertrieben erscheinen; bedacht werden muss jedoch, dass es nicht in der Absicht des Künstlers lag, eine bestimmte Örtlichkeit exakt zu dokumentieren, sondern ein Stück pittoresker Landschaft mit künstlerischen Mitteln zu inszenieren. Czernys Produkt bildete letztlich eine von über 160 Lithographien zum Thema österreichischer Landschaften, unter welchen das Höllental mit immerhin drei verschiedenen Motiven vertreten ist.
Schöpfer dieses Blattes war Ludwig Czerny (1821-1889). Der in Wien geborene (und auch verstorbene) Künstler studierte an der dortigen Kunstakademie. Als Zeichner, Aquarellist und Lithograph war er unter anderem für das Wiener Verlagshaus Paterno tätig. Dieses, um 1850 fast so bekannt wie der renommierte Konkurrenzbetrieb Artaria, war auf Ansichtenserien zur Umgebung Wiens geradezu spezialisiert. Die „Umgebungen" Wiens, wie es damals gern hieß, konnten durchaus auch das Semmering-Gebiet umfassen; jedenfalls waren Verlage wie Paterno unter den ersten, die sich druckgraphischer „Vermarktung" der neu erbauten Semmeringbahn annahmen.
Die bildliche „Eroberung" der Landschaft war jedoch ihrer verkehrstechnischen Erschließung vorausgegangen: Schon 1817 hatte Johann Christoph Erhard (1795-1822) seine „Sechs Ansichten aus den Umgebungen des Schneebergs" vorgelegt, die auch das Höllental berücksichtigten. So gesehen, erweist sich Czernys Lithographie als erster Höhepunkt einer schon etwas weiter zurück reichenden Bildtradition.
Neu erworben im November 2011:
Ludwig Czerny: Das Höllental.
Kolorierte Tonlithographie, ca. 1850.
NÖLB, Topogr. Slg., Inv.-Nr. 25.768
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