Highlights des Jahres 2014
Auf dieser Seite finden Sie die Highlights aus dem Jahr 2014
Schon im 17. Jahrhundert, zu Merians Zeiten, wurde Ybbs gern donauseitig im Bild verewigt. Dies geschah nicht zufällig, näherte man sich doch solchen am Strom gelegenen Orten eben von der Wasserstraße aus, steuerte sie also via Schiff an oder passierte sie auf diesem Weg. Die Donauseite als „Schauseite" solcher Städte wurde daher recht früh von den Urhebern topographischer Ansichten etabliert und dominierte auch in Ybbs bis ins 19.
Jahrhundert hinein.
Erst dann traten neue Motive und Detailansichten hinzu, wobei man auf die pittoresken, an der Donaulände gelegenen Altbauten keineswegs verzichtete, blieben sie doch weiterhin attraktive Bildmotive. In diesem Fall handelt es sich um eine besonders raffiniert gewählte Blickrichtung. Sie zeigt nicht, wie viele andere Ansichten, von Norden aus die um die Pfarrkirche gruppierten Häuser mit dem Gotteshaus in ihrer Mitte, sondern lenkt den betrachtenden Blick in die Gegenrichtung: So gelangt auch Persenbeug ins Bildfeld.
Richard Pokorny (1907-1997) war lange als Bühnenbildner tätig, ist uns jedoch vorwiegend durch seine Aquarelle bekannt. Mit der Gestaltung seiner Ortsansichten als Genrebilder wurzelt Pokorny tief im 19. Jahrhundert. Seine Arbeiten erinnern an Künstler der Alt-Wiener Vedute wie Erwin Pendl (1875-1945), und es ist bestimmt auch kein Zufall, dass Aquarelle beider Künstler auch weite Verbreitung via Postkarte fanden. Das hier präsentierte Aquarell bezaubert einfach in seiner charmanten Rückwärtsgewandtheit.
Um das Jahr 1795 initiierte der Wiener Kunsthändler Franz Xaver Stöckl eine über 200 Blatt umfassende Folge großformatiger, handkolorierter Umrissradierungen. Diese Serie repräsentativer Druckgrafiken erschien unter dem Titel "Vues de différens Bourgs Villages et Villes de Autriche [...]" und enthält zwei Klosterneuburg-Ansichten: Eine zeigt den prachtvollen barocken Abschluss des Chorherrenstiftes, die zweite nähert sich der Stadt von der anderen Seite her und kann damit Martinskirche sowie Franziskanerkloster abbilden. Die Pfarrkirche St. Martin ist prominent genug und braucht daher nicht näher vorgestellt zu werden, konzentrieren wir uns also auf den weiter rechts im Bild sichtbaren Gebäudekomplex.
Bei diesem handelt es sich um das damals erst wenige Jahre zuvor aufgehobene Franziskanerkloster. Dieses hatte 1451 gleichsam das Chorfrauenkloster St. Jakob „beerbt", fiel 1784 seinerseits den josephinischen Reformen zum Opfer und beherbergte später eine Zuckerraffinerie - wie in der Beschriftung unseres Blattes ausgewiesen. Auf diesem seither mehrmals umgebauten Areal Martinstraße 56-58 steht heute ein Heim für Kinder und Jugendliche, und nichts erinnert mehr an die bewegte Vergangenheit dieses Grundstücks. Da wir vom erwähnten Franziskanerkloster nicht sehr viele Ansichten besitzen, stellt diese Radierung ein wertvolles Bildzeugnis für das Aussehen dieses Ordenshauses dar.
Laurenz Janscha (1749-1812) war zu seiner Zeit einer der bekanntesten Landschaftsmaler. An der Wiener Kunstakademie ausgebildet, avancierte er schließlich zu einem ihrer Professoren. Er arbeitete gemeinsam mit Künstlern wie Johann Andreas Ziegler (1749-1802) an umfangreichen Ansichtenfolgen; dieses oft bewährte Künstler-Duo zeichnet auch für die hier vorgestellte Klosterneuburg-Radierung verantwortlich. Druckgrafiken wie diese überragen kraft ihrer erlesenen Qualität viele andere damals auf den Markt gebrachten; sie haben auch später entstandene inspiriert, bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts die Produktion solcher „Voyages pittoresques" in diesem Umfang und dieser Güte abzuklingen begann.
Balletteusentarock von Edmund Knepper, Wien, um 1870
Wieder ein tarockanisches Highlight in der Niederösterreichischen Landesbibliothek: Das von Joseph Benedict gestochene und von Edmund Knepper um 1870 in Wien verlegte "Balletteusentarock" zeigt auf Tarock XXI eine Szene, die in abgewandelter Form immer noch auf der entsprechenden Karte des heute in Österreich üblichen Industrie-und-Glück-Tarocks des Typs C (nach Sylvia Mann, 1924-1994) bzw. VI (nach Klaus Reisinger,1941-2006) zu sehen ist.
Dieses Industrie-und-Glück-Tarock wurde 1890 von J. Neumayer gestochen und zeigt als zusätzliches Detail einen dem Namen der Karte entsprechenden Mond. Diese Bezeichnung beruht allerdings auf einer falschen Übertragung - Tarock XXI repräsentiert eigentlich die "Welt" (französisch "le monde" bzw. italienisch "il mondo"), während der echte "Mond" (französisch "la lune" bzw. italienisch "la luna") zumindest im Schweizer Tarock oder im Tarocco Piemontese auf Tarock XVIII zu finden ist. Je nach lokaler Tradition waren in Italien die höchsten Trümpfe der "Engel" ("l'angelo") vor der "Welt" ("il mondo") oder die "Welt" ("il mondo") vor dem "Engel" ("l'angelo") bzw. die "Welt" ("il mondo") vor der "Gerechtigkeit" ("la giustizia") und dem "Engel" ("l'angelo"), außerhalb Italiens stets die "Welt" ("il mondo", "le monde") vor dem "Engel" ("l'angelo", "il giudizio", "le jugement"). Lediglich in Deutschland und den Nachfolgestaaten der österreichisch-ungarischen Monarchie, teils in der Schweiz und vielleicht früher auch in Belgien werden Tarockvarianten gespielt, in denen der "Sküs" (französisch "l'excuse", ursprünglich der "Narr", italienisch "il matto" oder "il folle", französisch "le mat" oder "le fou") über dem"Mond", d.h. der "Welt" ("il mondo", "le monde") rangiert.
Das komplette Balletteusentarock
Industrie-und-Glück-Tarock Typ C (Typ VI)
Tarock-Galerie (weiterführend)
Ralph Andraschek-Holzer: Köpp von Felsenthal. 1814-2014
200 Jahre "Historisch mahlerische Darstellungen von Oesterreich"
Veduten-Tarock mit Ansichten aus Wien und Umgebung
Eine nette Neuerwerbung der Landesbibliothek: das Veduten-Tarock mit Ansichten aus Wien und Umgebung der Firma Ferd. Piatnik & Söhne Wien in der zweiten Fassung von ca. 1890 (auf Herz-Ass österreichischer Spielkartensteuerstempel 1882-1899), schablonenkolorierte Lithographie, Karomuster auf den Rückseiten (Literatur: Reisinger, Tarocke, Bd. 3, S. 199 ff.).
Manchnal findet man in alten Büchern einen "Schatz" - zum Beispiel diese Wiener Fünf-Gulden-"Banknote" von
1806. Die Wertangabe ist fünfsprachig: Fünf Gulden (deutsch) - Pięć Ryńskich (polnisch) - Öt Forint (ungarisch) -Cinque Fiorini (italienisch) - Pět Zlatých (tschechisch). Nur in einem Land heißt die Währung heute noch oder wieder so: in Ungarn, wo der Forint 1946 wieder eingeführt wurde. Diese Mehrsprachigkeit erinnert an den Euro und spiegelt zumindest teilweise den damaligen Vielvölkerstaat Österreich wider.
Die Landesbibliothek hat dieses Fundstück nicht behalten, sondern dem Landesarchiv übergeben, wohin es eher "passt". Im weitesten Sinn handelt es sich nämlich um ein Geschäftspapier. Während Bibliotheken Werke bzw. deren veröffentlichte Formen sammeln, die grundsätzlich dem Urheberrecht unterliegen, sammeln Archive Verwaltungs- und Geschäftsschriftgut, welches zwar einen Sachverhalt dokumentiert, aber eben nicht als Werk anzusehen ist und daher in der Regel auch nicht dem Urheberrecht unterliegt. Der Unterschied zwischen Archiv und wissenschaftlicher Bibliothek ist also nicht das "Aufheben" an sich - auch wissenschaftliche Bibliotheken haben einen dauernden Aufbewahrungsanspruch. Trotzdem finden wir das Fundstück reizvoll genug, um es als (Fund-)Objekt des Monats hiermit vorzustellen.
Hans Götzinger, Burg Heidenreichstein, Aquarell, 1929
Die bekannte Wasserburg Heidenreichstein im Bezirk Gmünd ist eine der besterhaltenen Anlagen ihrer Art. Der auf das Hochmittelalter zurückgehende, wesentlich spätgotische und viertürmige Bau erhielt seine unverwechselbare Gestalt durch Umbauten des 16. Jahrhunderts; dazu kommen einige Eingriffe des Fin de siècle. Wer jemals diese Burg besichtigt hat, wird - wenngleich es irrational ist - das Gefühl nicht los, die Zeit sei dort stehen geblieben. Auf jeden Fall ist sie schon aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes sehenswert; dazu kommen noch die sehr schön eingerichteten, im Rahmen von Führungen gezeigten Innenräume.
Zwischen dem 1672 publizierten Kupferstich eines Georg Matthäus Vischer und Götzingers Lebenszeit konnte Burg Heidenreichstein erst allmählich künstlerisches Interesse wecken. Ab dem mittleren 19. Jahrhundert fand der im Wortsinn „malerische" Bau seinen Weg auf Aquarellpapier; im darauf folgenden Säkulum widmeten sich Maler wie Adolf Wiesler (1878-1958) und Ferdinand Dorner (1925-1993) der trutzigen Burg: Wiesler in den 1950er Jahren und Dorner im Sommer 1974. So spät also im Vergleich zu anderen Burgen Heidenreichstein künstlerisch entdeckt wurde, so reich hat uns jene Zeit mit entsprechenden Bildschöpfungen beschenkt.
Hans Götzinger (1867-1941) war einer der um 1900 bekannten und auch heute noch geschätzten Wiener Aquarellisten. Er befasste sich mit Wachau-Motiven; darüber hinaus ist sein Name mit einer zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Auftrag gegebenen Ansichtenserie zur Stadt Eggenburg verbunden. Seine Bilder fanden nicht nur via Postkartendruck weite Verbreitung, sondern gelangten in Form von Originalen auch in so manche Sammlung. Allein die NÖ Landesbibliothek besitzt einige Zeichnungen von seiner Hand, welche etwa den Retzer Hauptplatz, die Pulkauer Heiligblutkirche oder die Kremser „Gozzoburg" zeigen.
Philipp Jakob Franz, Bakkalaureus der Theologie, zunächst Kaplan in Waidhofen an der Ybbs, später Pfarrer in Opponitz und [St. Georgen am] Reith, hat in der Zeit von 1682 bis 1694 eine handgeschriebene Sammlung von Predigten ("Conciones") verfasst, von denen die NÖ Landesbibliothek vor kurzem acht Bände erwerben konnte. Dies ist insofern bemerkenswert, als die NÖ Landesbibliothek sonst keinen nennenswerten Bestand an Handschriften besitzt.
Der älteste Band (1682) enthält eine Sammlung von Marienpredigten, es folgt eine Sammlung vermischter Predigten (1685), die wohl zugleich den ersten Band der 1686 mit Band 2 beginnenden "Annales" der "Conciones" darstellt. Nunmehr erschien in Jahrbuchform jedes Jahr eine solche annalistische Predigtsammlung, zuletzt Band 8 im Jahre des Herrn 1692. Abgerundet wird das Werk durch den Supplementband von 1694. Nicht erhalten bzw. nicht in unserem Bestand (Signatur 161.340 B) sind die Bände 5 und 6 der Jahre 1689 und 1690.
Nach Franz Xaver Schweickhardts Darstellung des Erzherzogthums Oesterreich unter der Ens (Viertel Ober-Wienerwald, Band 11, Wien 1838, S. 230) waren die Pfarrer von Opponitz in der Zeit von 1628 bis 1717 zugleich Pfarrer von St. Georgen am Reith; 1717 stiftete der Pfarrer von Opponitz Philipp Jacob Franz das Pfarrvikariat St. Georgen am Reith mit einem Kapital von 7.000 Gulden zu 4 Prozent, wodurch dieses eine Art Filiale wurde.
Eine Passauer Urkunde vom 23.11.1719 belegt dies:
"Bischof Raymund Ferdinand von Passau beurkundet, daß der verstorbene Pfarrer Philipp Jacob Franz von Oppaniz (Opponitz), Reitt und Lunz die Filiale St. Georgen im Reitt mit einem eigenen Seelsorger bestiftet hat; 7000 fl. wurden vom Stifter beim Kloster Admont zu 4 Prozent abgelegt und das Bauerngut Prolling, in der Passauer Herrschaft Gleiß um 1000 fl. als Vikariatshaus erkauft; zum neuen Vikariatssprengel gehören die beiden Ämter Reitt und Lunz mit etwa 800 Kommunikanten, das Amt Opponitz mit 500 Kommunikanten bleibt der Mutterpfarre, der auch alle Zehente zustehen; in St. Georgen wurde auch ein Mesnerhaus zugewiesen; dafür hat der Vikar für den Stifter einen Jahrtag zu halten und jährlich zum Patrozinium eine Prozession nach Opponitz zu führen; der Pfarrer von Opponitz ist Patron des Vikariates; sollte Admont aus irgendeinem Grunde nicht mehr in der Lage sein, die Zinsen des Kapitales zu bezahlen, so wird das Vikariat aufgelöst, und alle Rechte kommen wieder an die Mutterkirche; die Pfarrgemeinde Reitt hat dann wieder jährlich 60 fl. an die Pfarre Opponitz zu zahlen." (Quelle Regest: WINNER, Diözesanarchiv St. Pölten (1962) S. 326)
Frisch erschienen: drei neue Faksimile-Ausgaben der Firma Piatnik von Wiener Tarockkarten des 19. Jahrhunderts:
- Industrie & Glück Tarock, Joh. N. Hofmann, Wien 1815 (No. 2883)
- Chinesen Tarock, Joseph Estel, Wien 1820 (No. 2884)
- Feinste Wiener Tarock, Ferd. Piatnik um 1867 (No. 2885)
Dies ist für uns bemerkenswert, weil die NÖ Landesbibliothek gewissermaßen involviert ist: Das erste dieser Tarocke basiert nämlich auf dem Originalspiel der Niederösterreichischen Landesbibliothek, welches bereits als Objekt des Monats Juli 2013 vorgestellt worden ist.
Das zweite Tarock bildet ein ausgezeichnetes Vergleichsobjekt (besonders hinsichtlich der seltenen Darstellung des Herz-Königs). Nicht unerwähnt sei, dass der von 1806 bis 1815 nachweísbare Joseph Est(e)l von 1812 bis 1814 an Johann Norbert Hofmanns Adresse "Am Strozischen Grund 3" (heute: Lerchenfelderstraße 46) tätig war.
Das dritte Tarock zeigt das von Josef Sürch 1860 gestochene Wiener Veduten-Tarock der Firma Piatnik in seiner ersten Fassung. Ein in der Landesbibliothek vorhandenes Originalspiel der als schablonenkolorierte Lithographie ausgeführten zweiten Fassung (ca. 1890) bildete das Objekt des Monats Mai 2014.
Kleine Draufgaben:
der Text "Die Tarok- und Hundert-Eins-Brüder" von Johann Baptist Moser zum Schmökern.
Die Tarockpartie (nach Skizzen von Emil Mayrhauser. Holzstich 1884).
In die Enge getrieben (Holzstich nach Ferd. Pacher 1894. Text von Benno Rauchenegger. Aus "Illustrirte Welt").
Lorenz Janscha und Johann Andreas Ziegler:
Augustiner-Chorherrenstift Klosterneuburg, ca. 1810
Das Jahr 2014 birgt etliche Jubiläen auch jenseits des düsteren Kriegsgeschehens 1914-1918. Die Benediktinerabtei Melk etwa feiert 1000 Jahre Translation des heiligen Koloman, und ein weiteres für die Geschichte unseres Landes bedeutsames Ordenshaus feiert heuer sein 900-jähriges Bestehen: Stift Klosterneuburg. Ihm widmete Laurenz Janscha eine seiner zahlreichen Ansichten, welche die Südostseite des Klosters darstellt. - Warum gerade diese? Weil der hier dominant sichtbare Kaisertrakt mit seiner imperialen Symbolik das bedeutendste Relikt der von Karl VI. forcierten Ausbaupläne ist - ein Torso gewiss, aber ein immerhin das Heilige Römische Reich bezeichnender, repräsentativer Bautrakt. Janschas Bild weist ihn aus, wie er nach der Einstellung der Bauarbeiten 1741 zurückblieb; erst 1834-1842 sollte er durch Joseph Kornhäusel wenigstens zum Stiftsplatz hin vollendet werden.
Das betrachtende Auge wandert gleichsam auf den Kaisertrakt zu, welcher sich in Bildmitte aus einer reich gegliederten, mit Staffagefiguren inklusive Schiffszug belebten Landschaft erhebt. Mildes Abendlicht, nicht zufällig gewählt, beleuchtet die prächtige Barockfassade, welche die meisten Teile des Altstifts verbirgt: Zwar ist links die Kirche des ehemaligen Frauenklosters zu sehen, nicht jedoch die Türme der Stiftskirche. Dies ist allerdings auf keinerlei künstlerische Manipulation, sondern auf die Tatsache zurückzuführen, dass die uns heute so vertrauten hohen Turmhelme der Neogotik damals noch nicht existierten. Die Ansicht will auch weniger als Architekturvedute, sondern vielmehr als Landschaftsbild verstanden werden, in welcher Natur, Mensch und Bauwerke ein ästhetisch ansprechendes Miteinander pflegen.
Laurenz Janscha (1749-1812) gilt als einer der wichtigsten Landschaftsmaler seiner Zeit. An der Wiener Kunstakademie ausgebildet, avancierte er zu einem ihrer Professoren. Er arbeitete zusammen mit Künstlern wie Johann Andreas Ziegler (1749-1802) an umfangreichen Ansichtenfolgen mit, z.B. an den im Wiener Stöckl-Verlag erschienenen „Vues de différens Bourgs [...]", welche durch ihre großformatigen Umrissradierungen und ihre erlesene Qualität andere Ansichtenfolgen jener Epoche weit überragen. Dieses Blatt, zu welchem die NÖ Landesbibliothek auch eine Vorstudie von Janschas Hand besitzt, findet ein Gegenstück in einer weiteren Radierung desselben Künstlerduos: Sie bringt Martinskirche und ehemaliges Franziskanerkloster von Norden her ins Bild und zeigt somit das andere Ende der Stadt.
Wieder ein Geldfund in einem alten Buch: ein Tausend-Kronen-Schein aus dem Jahre 1922
Missale Pataviense (Passau, Petri, 1491), Signatur 163.481 D
Eine der schönsten Inkunabeln in der Niederösterreichischen Landesbibliothek ist das "Missale Pataviense", eigentlich "Liber missalis secundum chorum Pataviensem", also ein Missale (Messbuch) der Diözese Passau, mit Mandat des Bischofs Christoph von Schachner vom 20. November 1491. Die Diözese Passau war insbesondere vor Errichtung der Diözesen Wien und Wiener Neustadt (später Sankt Pölten) auch für den niederösterreichischen Raum bestimmend. Die Inkunabel besitzt Folio-Format und umfasst CCCXXIIII (324) gezählte Blätter; am Buchanfang befinden sich 14 ungezählte Blätter, nach Blatt CL (150) befindet sich ein Einschub von 24 ungezählten Blättern mit rhombischer Choralnotation. Das Vergleichsexemplar der Bayerischen Staatsbibliothek weist demgegenüber nach den Notenblättern den Kanon als zusätzlichen Einschub von 5 ungezählten Blättern auf. Die verwendete Drucktype ist als 31-zeilige Textura einzuordnen, typisch ist auch die hier ersichtliche Fleuronné-Initiale (Ranken-Initiale) A. Im Hinblick auf den Advent sei auf den hier gezeigten Abschnitt "Dominica prima in adventu domini. Officium", also die beim heiligen Messopfer vorgeschriebenen Gesänge und Gebete am ersten Adventsonntag als Beginn des katholischen Kirchenjahres, besonders hingewiesen.
Die erste Seite des Einschubes von 24 ungezählten Blättern nach Blatt CL (150) zeigt die Präfation samt einleitenden Akklamationen in lateinischer Sprache, versehen mit rhombischer Choralnotation.
Mandat des Bischofs Christoph von Schachner vom 20. November 1491 in lateinischer Sprache und anderer Drucktype. Im Text genannt ist der Passauer Drucker Johann Petri, dem das Meisterwerk zu danken ist. In der niederösterreichischen Landesbibliothek befinden sich noch zwei weitere Inkunabeln dieses Druckers, die "Oratio in laudem Leopoldi Marchionis Austriae" des Johannes Franciscus de Pavinis (ca. 1485, Signatur 139.394 B) und die "Historia Sancti Leopoldi" (ca. 1489, Signatur 139.392 B), beide im Zusammenhang mit der 1485 erfolgten Heiligsprechung von Markgraf Leopold III. gedruckt.
Gleichsam als Titelillustration ziert eine kolorierte Darstellung des bischöflichen Wappens das erste Blatt des Buches. Neben den bischöflichen Insignien ist rechts (heraldisch: links) ein schwarzer Steinbock auf goldenem Schild, links (heraldisch: rechts) der Passauer Wolf (roter Wolf auf silbernem Schild), der sich in abgewandelter Form auch im Wappen mehrerer niederösterreichischer Gemeinden wie z.B. der Landeshauptstadt Sankt Pölten wiederfindet, zu sehen.
Erwähnenswert ist schließlich noch der zeitgenössische gotische Einband mit Buchschließen und Buchbeschlägen. In der Hoffnung, eine zur Advents- und Weihnachtszeit passende Rarität ausgewählt zu haben, wünschen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Niederösterreichischen Landesbibliothek Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, gesegnete Weihnachten und ein glückliches Neues Jahr.
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