Highlights des Jahres 2017

Auf dieser Seite finden Sie die Highlights aus dem Jahr 2017.

Kolorierte Umrissradierung, 26,7 x 41,3 cm (Blatt 33,0 x 44, 2 cm).
Bleistiftzeichnung mit Weißhöhungen, 25,0 x 33,3 cm. Beschriftet: 2 Sept. 852 [NÖ Landesbibliothek, Topographische Sammlung, Inventarnummer 27.498]© NÖLB


Auf dieser Zeichnung ist Lilienfeld aus der Vogelperspektive von etwa Nordosten her zu sehen. Vom Spitzbrand, welcher das Bildfeld links begrenzt, über die Klosterrotte bis zum jenseits der Traisen gelegenen Tor-Wachtturm wird ein kleines Universum dargestellt, in dessen Zentrum sich die 1202 durch Herzog Leopold VI. gegründete Zisterzienserabtei befindet.

Diese, eine Tochtergründung der Zisterze Heiligenkreuz, besticht vor allem durch vorzüglich erhaltene, auf das Mittelalter zurückgehende Bausubstanz. So weist die Abtei, auf Petters Zeichnung gut sichtbar, den blockhaft gestalteten Chorabschluss der Klosterkirche Mariae Himmelfahrt auf. Dieser Chor lässt von außen nicht ahnen, dass er im Inneren ein architektonisches Wunderwerk birgt: eine zweischiffige Umgangshalle, die in unserem Raum einzigartig ist und ihrer Besucherschaft suggeriert, tatsächlich, gemäß Lk 12, 27, in einem Feld der Lilien zu wandeln (deren Übergröße man ihnen nachsehen muss). 

Theodor Josef Petter (1822-1872) war ein in Spittelberg (heute Wien) geborener und in Wien verstorbener Künstler. Während der in seiner Vaterstadt genossenen akademischen Ausbildung studierte er unter anderem beim namhaften Maler Leopold Kupelwieser (1796-1862). Von Petter sind Porträts, Genre,- Historien- und Blumenbilder erhalten; thematisch erwies er sich jedoch – seiner Zeit gemäß – als überaus flexibel. Mit diesem Blatt demonstriert der gelernte Maler nicht nur Virtuosität im Zeichnen; auch das Ansichten-Genre erfuhr durch ihn eine Bereicherung. 

Der Grund dafür liegt vor allem darin, dass man im mittleren 19. Jahrhundert, als „Voyages pittoresques“ größte Beliebtheit genossen, selten die Vogelschau als Kompositionsmittel bemüht hat. Nun wurde Lilienfeld, an der „Via sacra“ gelegen, zu Petters Zeit oftmals gezeichnet, gemalt und via Druckgrafik verewigt; meist jedoch wählte man Profilansichten. Somit war Petter einer der wenigen, die auf barocke Abbildungsmodi etwa eines Emanuel Mair (1701-1766) zurückgegriffen haben. 

Allerdings besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen älteren Vogelschau-Ansichten Lilienfelds und Petters Blatt: Ging es den Kunstschaffenden des Barock um repräsentative Dokumentation des Klosterkosmos, integriert der Meister des Biedermeier „sein“ Lilienfeld in eine malerische Landschaft, welche von Bergen umrahmt wird und nach Ausgleich zwischen Gebautem und Gewachsenem strebt.

Aquarell Herrgott auf der Rast, Albin Blamauer
Aquarell, um 1910. Bezeichnet: pinx. A.Blamauer, Beschriftet: „Herrgott auf der Rast“ an der Strasse von Allensteig nach Döllersheim. [NÖ Landesbibliothek, Topographische Sammlung, Inventarnummer 25.016]© NÖ Landesbibliothek


Passend zu Allerheiligen und Allerseelen wurde eine Darstellung der 1941 verschwundenen Bildsäule "Herrgott auf der Rast" an der Wegkreuzung DöllersheimGroßpoppen auf dem Gebiet des heutigen Truppenübungsplatzes Allentsteig als Objekt des Monats November 2017 auserkoren. Das Aquarell stammt von Adolf Albin Blamauer (1847-1923), der mit fast 250 Objekten im Bestand der Topographischen Sammlung der Niederösterreichischen Landesbibliothek bestens vertreten ist.

Weiterführende Informationen finden Sie hier.

Kolorierte Umrissradierung, 26,7 x 41,3 cm (Blatt 33,0 x 44, 2 cm). Bezeichnet: L. Janscha del. et sculp. / Zu finden in Wien bey Joh. Cappi. Beschriftet: Ansicht des Benedictiner Stiftes Mölk in Oesterreich.
Kolorierte Umrissradierung, 26,7 x 41,3 cm (Blatt 33,0 x 44, 2 cm). Bezeichnet: L. Janscha del. et sculp. / Zu finden in Wien bey Joh. Cappi. Beschriftet: Ansicht des Benedictiner Stiftes Mölk in Oesterreich.© NÖ Landesbibliothek, Topographische Sammlung, Inventarnummer 4.640


Als Autor dieser Druckgrafik deklariert sich Lorenz Janscha (1749-1812), einer der
bedeutendsten Wiener Landschaftsmaler seiner Epoche. An der Wiener Kunstakademie ausgebildet, avancierte er schließlich zu einem ihrer Professoren. Er arbeitete zusammen mit Künstlern wie Johann Andreas Ziegler (1749-1802) an umfangreichen Ansichtenfolgen mit, z.B. den im Wiener Stöckl-Verlag erschienenen „Vues de différens Bourgs Villages et Villes de Autriche sup. et inf., de Stirie, de Carinthie […]”. Bei diesen handelt es sich um großformatige Umrissradierungen, die ein auch dieses Blatt auszeichnendes künstlerisches Niveau aufweisen.

Von einem hoch angesiedelten Blickpunkt aus schaut das betrachtende Auge von etwa Südosten her auf Stadt und Stift Melk. Der Abteiberg befindet sich, der Beschriftung angemessen, in der Mitte des von zwei hohen Bäumen gerahmten Bildfelds; im Hintergrund wälzt sich die Donau vorbei, deren nördliches Ufer die Begrenzung der sorgfältig austarierten Komposition bildet. Äußerst detailreich werden die gewaltigen Trakte des Abteikomplexes, aber auch die einzelnen Bürgerhäuser wiedergegeben: so etwa der durch seine zwei Erkertürmchen mühelos erkennbare „Brotladen“ am Rathausplatz.

Betrachtete man das Blatt isoliert für sich, fiele höchstens ein vom Künstler gewählter
Trick auf, nämlich die beiden das Bildfeld gleichsam rahmenden (fiktiven) Bäume,
die an ältere Zeiten erinnern – und zu Recht: „Der Künstler“ war nämlich gar nicht
Lorenz Janscha, sondern Franz Rosenstingl (1702-1785), dessen 1736 entstandenen
Kupferstich Janscha in seinem Blatt adaptiert hat: Das Bildformat wurde verkleinert;
die alpin wirkenden Erhebungen des nördlichen Donauufers führte Janscha auf ihre
wirklichen Maße zurück, und erwähnte Bäume erfuhren eine Veränderung.

Angesichts dieses Sachverhaltes erregt die „rückwärtsgewandte“ Komposition kein
allzu großes Erstaunen mehr; bemerkenswert bleibt jedoch, dass ein weit älteres Bild
zu einer Zeit adaptiert wurde, als man längst dazu übergegangen war,
Profilansichten von Klöstern den Vorzug zu geben. Dies galt auch für Janscha selbst,
der für die eingangs erwähnte „Vues“-Folge eine von realistischer Warte aus
gesehene Melk-Ansicht geschaffen hat. War Rosenstingls Blatt, eine Auftragsarbeit
der Abtei, stolzer Ausweis des gerade vollendeten barocken Neubaus, präsentiert
sich Janschas Adaptation als zu seiner Zeit seltene Würdigung älterer
Visualisierungsmodi, welcher man sich im Fall eines derart prominenten Bauwerks
immer noch gern bediente.


Hans Götzinger 1927, Retz, Bleistiftzeichnung
Bleistiftzeichnung, 20,0 x 43,4 cm, Bezeichnet: Hans Götzinger 1927, Beschriftet: Retz© NÖ Landesbibliothek, Topographische Sammlung, Inventarnummer 25.771

Der Künstler entwirft in diesem Bild fast schon ein Panorama des Retzer Hauptplatzes. Dieser ist sogleich anhand der markanten Monumentalbauten erkennbar: Die Trias von Marienkapelle samt Altem Rathaus, Dreifaltigkeitssäule und Verderberhaus dominiert das Bildfeld, welches aller störenden Elemente beraubt ist. So taucht das betrachtende Auge in einen menschenleeren Platz ein, dem lediglich von links hinten die Kirche des Dominikanerklosters zuwinken darf; mehr duldet der Schöpfer dieses Blattes nicht. In grelles Mittagslicht getaucht, präsentiert sich dieser wichtigste Platz der alten Retzer Stadt wie eine mediterrane Piazza, wobei Götzinger in virtuoser Weise – bei aller Skizzenhaftigkeit und völligem Mangel an Farbe – seinem Blatt Licht-Schatten-Kontraste entlockt, die wahrhaft hochsommerliche Temperaturen erahnen lassen. 

Was den Künstler betrifft, so studierte der gebürtige Wiener Hans Götzinger (1867-1941) an der Wiener Kunstgewerbeschule und schuf neben Porträts und Stillleben auch topographische Ansichten. Mehrfach für sein Schaffen ausgezeichnet, beschloss der hoch geehrte Künstler sein langes Leben in Dürnstein. Die NÖ Landesbibliothek besitzt auch andere Zeichnungen dieses Meisters – Blätter, die ebenfalls aus der Zwischenkriegszeit datieren und markante Bauten unserer Heimat im Bild festhalten. Das Panorama eines städtischen Platzes zu entwerfen, dürfte jedoch selbst für den motivlich flexiblen Götzinger eine nicht alltägliche Aufgabe gewesen sein.

 Als Zeichner ist der Künstler gleichrangig neben einem Richard Carl Wagner (1882-1945) oder einem Franz Bilko (1894-1968) zu würdigen: Alle drei Persönlichkeiten  schufen Ansichten heimischer Örtlichkeiten; alle drei nützten die publizistischen Möglichkeiten ihrer Zeit, um ihre Schöpfungen zirkulieren zu lassen – alle drei arbeiteten jedoch auch in anderen Techniken und beackerten somit künstlerische Felder weit abseits des zeichnerischen Metiers. Auch huldigten alle drei bestimmten Regionen, die sie via Bild verewigten, wobei Hans Götzinger seine Motive hauptsächlich im Wald- bzw. Weinviertel fand. Besonders in Eggenburg konnte der Künstler dank dem Kaufmann und Mäzen Franz Gamerith (1871-1938) interessante Aufträge lukrieren, die bis heute unser „Bild“ jener historischen Stadt prägen.

Aquarell,
Aquarell, Öl auf Papier, Beschriftet: "Th v Holbein, Pilligsdorff 820 d'apr nat"© NÖ Landesbibliothek, Topographische Sammlung, Inventarnummer 27.497


Dieses Bild ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: Es stammt von einer Dame und thematisiert eine selten von Künstlerhand verewigte Örtlichkeit. Beginnen wir mit der Künstlerin: Therese Holbein, wohl von der berühmten Malerfamilie gleichen Namens abstammend, wurde um 1785 in Graz geboren und lebte ab ca. 1814 in Wien, wo sie 1859 starb. 

Sie wirkte als Malerin und Zeichnerin; trat jedoch ebenso mit Radierungen an die Öffentlichkeit. Motive aus der Natur und Ortsansichten bildeten die Schwerpunkte im Schaffen dieser Künstlerin, von deren Hand die NÖ Landesbibliothek auch eine 1822 datierte Radierung von Burg Rauhenstein bei Baden besitzt. 

Aus etwa dieser Zeit stammt die Ansicht von Pillichsdorf und Umgebung. Genau genommen, handelt es sich um einen Ausblick an der Pfarrkirche St. Martin vorbei in Richtung Alpen. Das im Kern mittelalterliche Gotteshaus mit seinem klar differenzierten Äußeren dient hier als Orientierungs- und Ausgangpunkt für eine Reise, welche das betrachtende Auge über das Marchfeld hinweg in Richtung Südwesten unternimmt. 

Das Bildfeld ist sorgfältig gegliedert: Eine abgedunkelte Vordergrundbühne, welche die anonym bleibenden Häuser des alten Marktortes beherbergt, kontrastiert mit der hell beleuchteten Dualität von Kirche und Pfarrhof, als deren Gegenpol im Hintergrund zwei schneebedeckte Berge fungieren. 

Zwar ist erwähnte Kirche seit den 1830er-Jahren wenigstens ein paar Mal von Künstlerhand verewigt worden, doch findet die von Therese Holbein vorgenommene Einbettung einer kleinen Örtlichkeit in ein größeres, Qualitäten einer „Weltlandschaft“ aufweisendes Bildganzes so schnell kein Gegenstück. Die hier begegnende, an Schillers Zeiten gemahnende Antinomie von „Natur“ und „Kultur“ erfährt in diesem Gemälde eine künstlerisch eigenwillige und unverwechselbare Interpretation.

Übersichtskarte der Fluszgebiete des Erzherzogtums Österreich unter der Enns

Neben der Kartensammlung der NÖ Landesbibliothek besitzt auch die Abteilung Wasserwirtschaft die vom Landesausschuss 1905 im Maßstab 1:300 000 herausgegebene „Übersichtskarte der Fluszgebiete des Erzherzogtums Österreich unter der Enns“. Der Entwurf der Karte stammt vom NÖ Landes-Ingenieur-Adjunkten J[akob] Jakubetz, Photolithographie und Druck besorgte das K.u.K. Militärgeographische Institut.

Übersichtskarte der Flussgebiete im Erzherzogtum unter der Enns
© NÖLB

Das Kartenbild zeigt die Oberflächengewässer innerhalb der damals geltenden Landesgrenzen des Erzherzogtums Österreich unter der Enns mit ihren zugehörigen orographischen Einzugsgebieten (begrenzt durch Wasserscheiden). Ergänzt wird dieser Inhalt durch eine Reihe von Tabellen mit statistischen Angaben zu den Gewässern. 

Die vorliegende Ausgabe von 1905 berücksichtigt bereits die Ergebnisse der Orthographischen Konferenz von 1901: Frühere Ausgaben der Karte von 1882 und 1887 zeigen eine ältere Rechtschreibung (z.B. Erzherzogthum statt Erzherzogtum, Flussgebiete statt Fluszgebiete!) und basieren auf alten Maßen im Duodezimalsystem – der seinerzeit verwendete Maßstab (1:288 000 statt 1:300 000) ergibt sich aus dem Verhältnis 1 Zoll ≙ 4000 Wiener Klafter (1 Wiener Klafter = 6 Fuß = 72 Zoll) 

In der Zwischenkriegszeit - vermutlich aber bis nach 1945 - wurde diese Karte als Grundlage für amtsinterne thematische Kartenausgaben (z.B. Straßen-Übersichtskarten) verwendet, wobei die jeweils gewünschten thematischen Ebenen in einem neuerlichen Druckvorgang auf das fertige (ursprüngliche) Druckwerk aufgebracht wurden. 

Ein besonderer Dank gebührt Herrn Ing. Peter Strecha für die Idee und Konzeption der Vorstellung dieser Flussgebietskarte.

Download der Karte (JPG, 27,3 mb)

Weiterführende Links:

NÖ Atlas
Österreichisch-Ungarische Landesaufnahmen



Ausschnitt aus Blatt 105
Raum Schwarzau am Steinfeld – Pitten – Bad Erlach, Ausschnitt aus Blatt 105 (Section Neunkirchen, 1869)© NÖLB

Unter Verwendung des Materials der Franziszeischen oder Zweiten Landesaufnahme wurde vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich unter Leitung von Anton Steinhauser in den Jahren 1866-1881 eine „Administrativ-Karte von Nieder-Österreich“ im Maßstab 1:28.800 in 111 Blättern herausgebracht: ein Meilenstein der niederösterreichischen Kartografie. 

Die Maßstabsgenauigkeit dieser Karte wird natürlich vom Franziszeischen Kataster (im Maßstab 1:2.880) übertroffen. Die seinerzeit verwendeten Maßstäbe 1:2.880, 1:28.800, 1:288.000 etc. ergeben sich aus der Zugrundelegung alter Maße im Duodezimalsystem, nämlich 1 Zoll ≙ 40 bzw. 400 bzw. 4.000 Wiener Klafter, wobei 1 Wiener Klafter umgerechnet 72 Zoll (das sind ungefähr 1,90 Meter) entspricht. Andererseits ist das Ergebnis der erst 1987 (!) abgeschlossenen Vierten Landesaufnahme (Präzisionsaufnahme) das aktuelle Kartenmaterial im Maßstab von lediglich 1:50.000. 

Der besondere Reiz der Karte ergibt sich - abgesehen von ihrer Genauigkeit - aus den vorliegenden veralteten Schreibweisen (z.B. Pütten statt Pitten) sowie den zum Teil heute kaum oder gar nicht mehr bekannten Flurnamen (z.B. Krampenstein).

Ausschnitt aus Blatt 21
Politische u. gerichtliche Eintheilung des Gebietes von Wien, Ausschnitt aus Blatt 21 (Section Landshuth, 1872)© NÖLB

Auf einigen Karten im Grenzgebiet, die dementsprechende Freiflächen bieten, z.B. Blatt 21 mit der Section Landshuth, finden sich ergänzende Kartenskizzen, in diesem Fall die „Politische und gerichtliche Eintheilung des Gebietes von Wien“ mit einer Gegenüberstellung der Einteilung des Gemeindegebietes vor und nach 1850.

Ausschnitt aus Blatt 111
Politische Eintheilung - Zusammenstellung der Blätter, Ausschnitt aus Blatt 111 (Section Gschaid, 1871)© NÖLB

Auf Blatt 111 (Section Gschaid) ist neben der politischen Einteilung Niederösterreichs in Bezirke (wie z.B. Sechshaus oder Hernals mit Klosterneuburg und Tulln) auch der Blattschnitt zu sehen: die Section Wien sammt Umgebung z.B. findet sich demzufolge auf Blatt 65. 

Übersicht und Blattschnitt mit Links zu den einzelnen Blättern sowie  Spezialinhalten (PDF, 32 KB).

NÖ Atlas mit eingebetteter Administrativkarte.

Papierfabrik Klein-Neusiedl, Aquarell
© Erwin Pendl Wien/NÖLB

Mit der Künstlerpersönlichkeit des Erwin August Pendl (1875-1945) verbinden wir heute in erster Linie Wiener Veduten; in Wahrheit aber war dieser begnadete Aquarellist äußerst vielseitig. So wirkte er auch als Illustrator und Kunstschriftsteller, wandte sich zugleich größeren Formaten zu und widmete seine Aufmerksamkeit wiederholt dem „Industrieviertel“. Ein Beispiel für seine vollendete Aquarellkunst in großem Format, welche eine in jener Region gelegene Betriebsstätte zeigt, ist dieses prachtvolle Blatt zur Papierfabrik von Klein-Neusiedl.

In dieser nahe der Stadt Fischamend gelegenen Ortschaft war schon 1793 eine Papierfabrik gegründet worden, die sich im frühen 19. Jahrhundert zu einer der größten ihrer Art auf niederösterreichischem Boden entwickeln sollte; zu Pendls Zeit sah sie sich auf dem Höhepunkt ihrer Prosperität. Von diesem bis in die Krisenjahre nach 1930 florierenden Werk, welches nach dem Kriegsende 1945 sogar noch eine Baumwollspinnerei beherbergen sollte, sind einige stattliche Überreste vorhanden, darunter Bauten aus der Gründerzeit des Betriebes.

Wie sich eine solche Anlage am besten präsentiert, führt Meister Pendl eindrucksvoll vor: Er zeigt das Areal mit seinen Produktionstrakten, den teils spätbarocken Verwaltungsgebäuden und dem ebenfalls auf das 18. Jahrhundert zurückgehenden Park. An Bildern von Schlössern und Klöstern gemahnend, ist dieses Vogelschau-Bild einer namhaften Papierfabrik als ebenso repräsentativ einzustufen wie barocke Ansichten von Adelssitzen oder Ordenshäusern: Beide stellen sich als differenzierte Architekturkomplexe dar; beide instrumentalisieren und verändern ihre unmittelbare Umgebung. 

Im Rahmen einer weiter gefassten Ansichtengeschichte nimmt dieses Blatt eine besondere Stelle ein, darf jedoch motivlich nicht als einzigartig gelten. Bereits im frühen 19. Jahrhundert hatte der Unternehmer Andreas Töpper (1786-1872) sein großes Eisenwalzwerk in mehreren Lithografien verewigen lassen, und zu Pendls Zeit hat Ferdinand Weeser-Krell (1883-1957) bezeichnenderweise neben Klöstern auch Fabriken aus der Vogelschau dargestellt. Zu betonen ist jedoch die künstlerische Qualität, welche von Pendls außergewöhnlicher Begabung zeugt und dieses Aquarell der Klein-Neusiedler Papierfabrik zu einem der besten seiner Art macht.

Getrocknete Blätter zwischen Buchseiten
© NÖLB

Wer kennt das nicht? Wenn man ein richtig altes, dickes Buch aufschlägt, fallen einem gelegentlich gepresste, vertrocknete Blüten und Blätter in die Hände. So ergeht es natürlich auch Bibliothekaren und Bibliothekarinnen, wenn sie alte Bücher aus Verlassenschaften in die Hand nehmen. Meist wird diesem „botanischen Beiwerk“ nicht die Beachtung geschenkt, die es vielleicht verdienen würde. Dabei wäre es eine spannende Aufgabe, dieses Fundmaterial zu sammeln und gelegentlich auszustellen – getreu dem Motto „Natur in Büchern“ nach dem Vorbild von „Natur im Garten“. Liebe Leserin, lieber Leser, wir laden Sie hiermit ein, Tipps zur Bestimmung der beiden abgebildeten Pflanzen abzugeben und vielleicht eigene in Büchern gepresste Pflanzen der Landesbibliothek zur Verfügung zu stellen.

Getrocknete Blätter zwischen Buchseiten
© NÖLB
Ersnt Welker: Kartause Gaming
Bleistift, Tusche und Aquarell, 21,0 x 29,1 cm. Beschriftet [rev.]: Gaming – Bezeichnet [rev.]: Welker [...] [NÖ Landesbibliothek, Topographische Sammlung, Inv.-Nr. 5.378] © NÖ Landesbibliothek

Der 1788 in Gotha (Thüringen) geborene Landschaftsmaler Ernst Welker erhielt seine Ausbildung u.a. an der Wiener Akademie. Von ihm sind etliche Ansichten von Landschaften und Bauwerken aus dem Wiener Raum, aber auch aus verschiedenen Alpenländern und Italien erhalten. Die NÖ Landesbibliothek besitzt einige Originalarbeiten des 1857 in Wien verstorbenen Künstlers, darunter ein Aquarell des längst verschwundenen Neunkirchner Tors in Wiener Neustadt.

In diesem Blatt hat sich Welker mit dem ehemaligen Kartäuserkloster Gaming, Bezirk Scheibbs, auseinandergesetzt. Dieses, schon in der Barockzeit oftmals abgebildet, wurde in Malerei und Graphik des 19. Jahrhunderts künstlerisch gleichsam wiederentdeckt. In dieser Epoche beschränkte man sich nicht mehr auf die bis dahin bevorzugte Dokumentation der repräsentativen Gesamtanlage, sondern stellte diese einzigartige Architektur als Teil ihrer pittoresken Umgebung dar.

Die gotische, barock veränderte Klosterkirche und der Tor-Turm mit dem namengebenden Marienthron-Relief über dem Portal sind gut erkennbar. Sie stehen gleichsam für das gesamte Areal, welches in einer parkartig gestalteten Landschaft fast zu verschwinden droht. Mit seinem Aquarell erweist Welker sich als Teil einer im 19. Jahrhundert überwiegend die Nordseite der Anlage, also das Duo Kirche/Tor-Turm, darstellenden Abbildungstradition.

Das Gaminger Ordenshaus, 1330 durch den Habsburger Herzog Albrecht II. gestiftet, war einst die größte Kartause der deutschen Ordensprovinz. Zeitlich zwischen Mauerbach (1316) und Aggsbach (1377/80) gegründet, erlebte Gaming sowohl im Spätmittelalter als auch im Barock Zeiten von Prosperität und überregionaler Bedeutung. Unter Joseph II. wurde das Ordenshaus aufgehoben und dem Verfall preisgegeben, erlebte jedoch seit den 1980er-Jahren seine glückliche Wiederherstellung.

Tobias Raulino: Kalksburg, ca. 1825

Kolorierte Federlithografie aus: Trentsenskys „Wiens Mahler[ischen] Umgebungen“
Kolorierte Federlithografie aus: Trentsenskys „Wiens Mahler[ischen] Umgebungen“© NÖ Landesbibliothek

Bis in die NS-Zeit hinein fungierte Kalksburg als selbstständige niederösterreichische
Ortsgemeinde. Von 1938 bis in die Nachkriegszeit war der Ort Teil des 25. Wiener
Gemeindebezirks; seit 1954 zählt er zu Liesing (Wiens 23. Bezirk). In den Fokus von Kunstschaffenden gelangte diese Gegend erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts, als man
die Umgebung Wiens systematisch für Zwecke zu erschließen begann, die wir heute touristisch nennen. Es waren nicht zuletzt die Bauten des Hofjuweliers Franz von Mack
(1730-1807)
, welche Kalksburg zu einem Anziehungspunkt für Ausflügler werden ließ.

Damit ist aber nicht nur das berühmte, schon bald nach seiner Entstehung im Jahr 1787
künstlerisch verewigte „Steinhaus“ gemeint, sondern auch die auf Macks Initiative hin von
1793 bis 1801 neu erbaute Pfarrkirche. Diese ist auf Raulinos Ansicht rechts hinten zu sehen und erstrahlt, keineswegs zufällig, in bestem Mittagslicht. Ebenfalls gut sichtbar zeigt sich das Areal des späteren Jesuitenkollegiums, welches sich damals noch im Besitz des
erwähnten Herrn von Mack befand. Rund um diesen Mack‘schen „Kosmos“ sind flanierende
Menschen unterwegs und scheinen die Gegend durch ihre Anwesenheit gleichsam zu
nobilitieren.

Die wohl auf Tobias Raulino (1785-1839) zurückgehende Bildkomposition ist einigermaßen ambitioniert. Das im Sonnenlicht erstrahlende Kalksburg ist in eine teilweise parkartig umgewandelte Landschaft placiert, die durch eine ausgewogene Komposition sowie durch reizvolles Spiel von Licht und Schatten zu punkten versteht. Der Künstler war auf derartige Ansichten geradezu spezialisiert und schuf zahlreiche Vorlagen für druckgrafisch vervielfältigte Kunstwerke. Motivliche Schwerpunkte bildeten, nicht verwunderlich, Örtlichkeiten in Wien und Niederösterreich. Von seiner Hand besitzt NÖ Landesbibliothek immerhin vier signierte Aquarelle.

Die 36 Lithografien der Serie „Wiens Mahler: Umgebungen“ sind charakteristische Zeugen für die während des Vormärz prosperierende Natursehnsucht. Selbst solche Blätter, die Bauwerke wie etwa Burg Merkenstein zeigen, sind bemüht, der ein Objekt umgebenden
Natur die Hauptrolle im Bildganzen zu überlassen; dies gilt erst recht für „weitsichtig“
konzipierte Ansichten wie diejenige von Kalksburg. Der Lithograf und Verleger Trentsensky hat mit solchen Grafiken die Nachfrage nach Bildern befriedigt, die leicht zu vervielfältigen und erschwinglich waren, bei Bedarf jedoch sorgfältig koloriert werden konnten, um auch exklusiveren Ansprüchen zu genügen.

Schreiben und lesen lernen in der Schule anno dazumal

Titelseite von Kribbel Krabbel kugelrund
Titelseite von Kribbel Krabbel kugelrund© Verlag Jugend und Volk, Wien

Ganz ohne PISA-Studien haben frühere Generationen das Schreiben und Lesen in der Schule erlernt. Viele, die vor fünfzig Jahren die Schulbank gedrückt haben, erinnern sich an die „mit Erlass des Bundesministeriums für Unterricht als Klassenlesestoff zum Unterrichtsgebrauch an Volksschulen zugelassenen“ Bändchen des Verlages für Jugend und Volk in Wien. Da wurde man zunächst mit der „Blockschrift“ (vom Verlag als „Steinschrift“ bezeichnet) konfrontiert, etwa mit dem Bändchen „Murli-Brumm und andere lustige Leute“. Für die „Heinzelmännchenschrift“, das heißt die „Antiqua“ und die „Akzidenz-Grotesk“, mag „Guckauf und Purzelheinz“ den Einstieg gebildet haben. Als krönenden Abschluss des ersten Schuljahres erarbeitete man die lateinische Schreibschrift in Steillage, fast unvorstellbar ohne den Marienkäfer „Kribbel Krabbel Kugelrund“
und seine Abenteuer.

Titelseite von Dies und Das von Lois und Lies
Titelseite von Dies und Das von Lois und Lies© 1945 Deutscher Verlag für Jugend und Volk, Wien

In der Landesbibliothek findet man die allermeisten Bändchen dieser Serie und kann dabei auch in die noch ältere Zeit der gebrochenen Schriften bzw. der „Deutschen Schrift“ vorstoßen; zu nennen sind da beispielsweise die Bändchen „Märchenreigen“ für die Frakturschrift, „Peterl Schnipf, der Ausreißer“ für die „Schwabacher Schrift“ und „Das und dies von Lois und Lies“ mit gleich mehreren Schriften – von der „Texturschrift“ bis zur „Kurrentschrift“.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die heute häufig mit dem „Dritten Reich“ in Verbindung gebrachten gebrochenen Schriften gerade damals mit dem „Normalschrift-Erlass“ ad acta gelegt wurden.

Aktuelles Thema zum Lesen und Schreiben in der Schule: die „Abschaffung der Schreibschrift“ in Finnland.

Zum Abschluss ein ausgezeichneter Überblick über unsere Schulbuchserie: „Murli Brumm“ von zeitlupe.co.at.

weiterführende Links

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